Ärzt:innen sind geübte Lerner und kennen ihre Strategien, um effektiv Wissen zu erlangen. Jedoch hat sich mit dem Wandel der Technologie auch das Lernen gewandelt. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, wie Sie Lernpsychologie in Online-Kursen nutzen und was es mit Lerntypen auf sich hat.
In diesem Beitrag lesen Sie:
- Lerntypen nach Vester
- Kognitive Lernstrategien
- Lernstile nach Kolb
- Lernpsychologie richtig nutzen
Lerntypen nach Vester
Die wohl bekanntesten vier Lerntypen gehen auf den Biochemiker Frederic Vester zurück, der 1975 sein Buch „Denken, Lernen, Vergessen“ veröffentlichte.1 Sein Buch war die erste populärwissenschaftliche Erklärung der Lernvorgänge; es erhielt ein großes Echo und wurde 2001 zum 26. Mal in Neuauflage veröffentlicht. Die vier Lerntypen nach Vester beziehen sich auf die Wahrnehmungskanäle und teilen sich ein in: den optisch/visuellen, auditiven, haptischen und kognitiver Lerntyp.

Die Zweifel an Vesters Lerntypen
Diese Lerntypen erfreuen sich an großer Beliebtheit in der Ratgeberliteratur für Lernende und Lehrende, werden jedoch in der Psychologie kritisiert. Dies liegt daran, dass der Lernprozess des Menschen sich komplexer gestaltet und nicht auf die einzelnen Sinneswahrnehmungen reduziert werden kann. So beschreibt der österreichische Psychologe und Autor Werner Stangl, dass sich die ersten drei Lerntypen rein auf die Sinneswahrnehmung beziehen. Allein der kognitive Lerntyp macht sich kognitive Fähigkeiten zunutze. 2 Jedoch sind auch nach der Wahrnehmung durch den Seh- oder Hörsinn kognitive Prozesse gefragt. Somit stellt sich auch die Frage, ob der intellektuelle Lerntyp nicht die Folge der anderen drei Lerntypen ist.2 Umgekehrt werden die Sinneswahrnehmungen benötigt, um kognitiven Prozess in Gang zu bringen.
Ein Beispiel
Ein Projekt der Universität Graz von Anja Ischebeck hat folgendes gezeigt: Es gibt Menschen, die beim Rechnen verbalisieren (den Rechenprozess durchsprechen) oder visualisieren (den Rechenprozess notieren), dabei werden die jeweiligen Hirnareale aktiviert. Die Bildgebung von Ischebeck hat gezeigt, dass die Gehirnareale für Arithmetik bei beiden Typen gleichermaßen aktiviert werden und dasselbe Ergebnis erzielt wird.3
In der Lernpsychologie werden deshalb den Lernstrategien und Lernstilen besondere Aufmerksamkeit geschenkt, denn sie sind Teil der sogenannten Kognitionswissenschaften.4 Die Fähigkeit, Wissen zu organisieren, sowie Ressourcen strategisch nutzen zu können, scheint bedeutender für die Lernprozesse zu sein als Lerntypen.
Das sind Lernstrategien
Lernstrategien sind jene Methoden, die sich Lernende im Laufe der Zeit aneignen, um Wissen effizient vom Papier oder Bildschirm in den Kopf zu befördern. Um sich erfolgreich Wissen anzueignen, ist also nicht nur Fach- oder Vorwissen notwendig, sondern vor allem Wissen über den eigenen Lernprozess. Also die persönliche Erfahrung, mit welchen Instrumenten der Lernerfolg besonders schnell eintritt.
Insgesamt lassen sich drei Ebenen betrachten, die dazu führen, dass Wissen gelernt wird5:
- Die kognitiven Lernstrategien beziehen sich auf den Lernprozess selbst. Dazu zählt die Organisation von Wissen, so z.B. Notizen, Übersichten und Skizzen. Das Elaborieren bezeichnet den Mechanismus, Beispiele für das gelernte Wissen zu benennen und Zusammenhänge zum Vorwissen zu schließen. Dieser Aspekt ist besonders bei der Weiterbildung von Ärzt:innen gefragt, denn ihr Vorwissen ist bereits sehr groß. Auch das kritische Hinterfragen und Nachdenken über Alternativen ist Teil der kognitiven Lernstrategie.
- Die metakognitive Lernstrategie überwacht den Lernprozess. Sie wird benötigt, damit der Überblick über den Lernerfolg und die Lernziele nicht verloren geht.
- Mit ressourcenbezogenen Lernstrategien werden innere Motivation und äußere Einflüsse so gestaltet, um den Lernerfolg zu verbessern. Deshalb kann zwischen internen und externen Ressourcen unterschieden werden:
- Die inneren Ressourcen kommen dann zum Einsatz, wenn Anstrengung, Konzentration und Motivation gefragt sind. Eine hohe Frustrationstoleranz führt dazu, langfristig Ziele zu erreichen.
- Mit externen Ressourcen, wie einem Zeitplan, einem angenehmen Lernumfeld, Lernen in der Gruppe und ausreichend Material durch Stift, Literatur und Papier, wird der richtige Rahmen geschaffen. Auch ein Online-Kurs lässt sich in die Gruppe der externen Ressourcen einordnen.

Lernstile nach Kolb
Als Lernstile werden die individuellen Präferenzen der Lernenden bezeichnet. Denn auch unter gleichen Bedingungen erzielen nicht alle Personen die gleichen Ergebnisse. Dies kann viele Gründe haben: unterschiedliches Vorwissen, Motivation und kognitive Fähigkeiten. Die Lernstile nach Kolb sind dabei die bekanntesten Lernstile. Der amerikanische Psychologe David Kolb spricht dabei von erfahrungsbasiertem Lernen.5 Der Lernprozess erfolgt dabei in einem Zyklus. Ein Lernzyklus wird immer wieder durchlaufen und das Wissen so gefestigt und erweitert:
- Diverging – die konkrete Erfahrung
- Assimilating – Beobachten und reflektieren
- Converging – Benennung des Problems
- Accomodating – Experimentieren und Lösungsanpassung
Wenn Sie z.B. eine neue Nahttechnik erlernen möchten, könnte ein Lernzyklus so aussehen:

Lernpsychologie richtig nutzen
Nun, da wir einen kleinen Einblick in die Lernpsychologie hatten, wissen wir, dass die populären Lerntypen nach Vester überschätzt werden.
Der Vorteil, den praktizierende Ärzt:innen gegenüber Schüler:innen haben: Ihr Lernen erfolgt kontextbezogen. Während in der Schule die Zusammenhänge des gelernten Wissens mit der Umsetzung in der Realität kaum erklärt werden, gilt dies nicht für medizinische Online-Kurse. Durch den täglich gegebenen Kontext im Arbeitsumfeld kann neu erlangtes Wissen direkt umgesetzt und geübt werden.
Zusätzlich haben Ärzt:innen den Vorteil, bereits Lernstrategien verinnerlicht zu haben. Es geht also darum, diese zu nutzen und neues Wissen mit altem zu verknüpfen sowie bewährte Strategien einzusetzen:
Unsere Empfehlung
Haben Sie das kritische Hinterfragen in einer Diskussion in ihre Lernstrategie immer stark miteinbezogen, empfehlen wir Ihnen auf on-demand oder live Kurse zurückzugreifen. Hier ist der Rahmen für eine Diskussion optimal.
Bevorzugen Sie es, Notizen und Skizzen des Lernstoffs anzufertigen, um eine persönliche Übersicht zu erhalten, ist ein Online-Kurs ideal für Sie. Videos können mehrmals abgespielt und pausiert werden. Der Zeitrahmen ist größer und es ist genug Zeit für die Reflexion. Das neue Wissen kann so im eigenen Tempo mit den persönlichen Lernstrategien verarbeitet werden. Bei einer bevorstehenden Facharztprüfung sind die kognitiven Lernstrategien besonders wichtig, um ein tiefes Verständnis über Physiologie, Pathologie und Co. aufzubauen. Online-Kurse werden deshalb gerne für die Vorbereitung zum Facharzt oder zur Fachärztin genutzt.
Mit MD Horizonte können Sie Ihre Lernstrategien gezielt einsetzen.
Möchten Sie mehr über die Online-Kurse von MD Horizonte erfahren, klicken Sie bitte hier. Alle Vor- und Nachteile, die ein Online-Programm für Sie mitbringt, finden Sie in unserem letzten Beitrag.
Die wichtigsten Antworten zur Lernpsychologie in Online-Kursen
F: Für welche Lernstrategie ist ein Online-Kurs besonders sinnvoll?
A: Durch die individuelle Zeiteinteilung ist ein Online-Kurs besonders sinnvoll für das Organisieren und Notieren von Wissen. Videos können pausiert und wiederholt werden.
F: Kann ich Videos in Online-Kursen so lange wiederholen, wie ich möchte?
A: Nein, die Lehrvideos in den Online-Kursen von MD-Horizonte sind für sechs Monate verfügbar. Dies hilft Ihnen, am Ball mit Ihrem Lernprozess zu bleiben.
F: Warum werden die Lerntypen nach Vester kritisiert?
A: Die Lerntypen nach Frederic Vester werden von Experten der Psychologie kritisiert, da die vier Lerntypen logisch und empirisch nach den Prinzipien der Kognitionswissenschaften nicht schlüssig sind.4 Sie setzen voraus, dass in den Typen 1 -3 das Lernen durch die Sinneswahrnehmung abläuft, jedoch nur in Typ 4 durch kognitive Prozesse. Um zu lernen, sind kognitive Prozesse jedoch immer notwendig.
Autorin: Dr. Lisa Raberger
Quellen
1. Denken, Lernen, Vergessen von Frederic Vester | dtv Verlag. dtv.de https://www.dtv.de/buch/denken-lernen-vergessen-33045, letzter Zugriff am 24.11.2022.
2. Die Lerntypentheorie - eine Kritik. https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNEN/Lerntypen.shtml, letzter Zugriff am 24.11.2022.
3. Ischebeck Anja - Profil - Forschungsportal - Karl-Franzens-Universität Graz. https://online.uni-graz.at/kfu_online/wbForschungsportal.cbShowPortal?pPersonNr=67037, letzter Zugriff am 24.11.2022.
4. Looß, M. Lerntypen?: Ein pädagogisches Konstrukt auf dem Prüfstand. (2001) doi:10.24355/dbbs.084-201809101449-0.
5. The Kolb Learning Style Inventory 4.0: Guide to Theory, Psychometrics, Research & Applications. https://www.researchgate.net/publication/303446688_The_Kolb_Learning_Style_Inventory_40_Guide_to_Theory_Psychometrics_Research_Applications?__cf_chl_tk=c3POiybnApe9vkD.XN591n0Kmh.3F35bEzdsLuM_ORw-1669201376-0-gaNycGzNC70, letzter Zugriff am 24.11.2022.
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